Publikationen-Suche:

Hohe Wasser

Autoren: Eugenie Kain
Verlag: Otto Müller Verlag, Salzburg, 2004
Gattung: Prosa | Veröffentlichungstyp: Buch

Kein Foto vorhanden

Textproben:

Auszug aus Feuerbrand Das Meer war gerade dabei, sich zurückzuziehen, und gab Muschelbänke und Seegraswiesen preis. Vom roten Sprungturm und den Betonmauern des Schwimmbeckens hatte es sich bereits abgewandt, und in einer halben Stunde würde es auch die vorgelagerten Inseln als Hügelkette zurückgelassen haben. Tief und blau lag der Himmel über dem Meeresrand. Nach achtzehn Stunden Bahnfahrt hatte sie keinen größeren Wunsch, als die brennenden Schuhe auszuziehen und den feuchten Findlingen entlang auf den Horizont zuzulaufen. -Woran erkennt ihr eine Meerjungfrau?, fragte sie die Kinder. -An den Brüsten, sagte der Knabe. -Am Schuppenschwanz , sagte das Mädchen. -Am nassen Kleidersaum, sagte sie. Manchmal tropft auch Wasser aus dem Ärmel. es gibt mehr Meerjungfrauen und Wassermänner, als wir denken. Wir könnten jetzt zum Wasser laufen und das Meer begrüßen. Wir holen uns nasse Füße und gehören dazu. -Ich bin müde und habe Durst, maulte der Bub. - Ich will ein Eis, forderte das Mächen. Am Strand zurückbleiben wollten beide nicht.

Auszug aus der Erzählung Feuerbrand / 2004

Auszug aus Unterhillinglah Sie war keine gute Büglerin. Sie war nie eine gute Büglerin gewesen. Das Eisen gehorchte nicht. Es keuchte ihr Wasser mit falschem Lavendelaroma ins Gesicht und richtete gegen die Knitterfalten nichts aus. Das Bügeln war die Strafe. Wer sich vom Teufel hatte reiten lassen, wurde mit heißem Eisen traktiert, bis Empfindung und Lebenslust gewichen waren. Eine alte Geschichte. Sie war nicht alleine. In allen umliegenden Häusern röchelten und fauchten Bügeleisen, in Räumen, die sie Arbeitszimmer nannten. Diese Räume waren im Keller, auf dem noch nicht ausgebauten Dachboden, im vorsorglich eingeplanten zweiten Kinderzimmer oder im Gästezimmer für alle Fälle, das bald zur Abstellkammer wurde oder zum Arbeitszimmer oder beides. Hier ließ man sie wirtschaften. Hier waren sie unbeobachtet. Die Daheimgebliebenen hatten ihr Rückzugsgebiet gut getarnt. Bügelbrett und Wäschekorb. Radio und Fernseher. Steppboard, Gymnastikband, Hometrainer und Hanteln. Da und dort ein Schreibtisch, um mit dem Haushaltsgeld zu jonglieren und um das Horoskop zu erstellen. Die Zukunft bot wenig Alternativen. Rechtzeitig den Absprung schaffen oder überflüssig werden.

Auszug aus der Erzählung Unterhillinglah / 2004

Zurück