Der Anwalt Das Mädchen sieht ihn an. Mit einem eigentümlichen Blick sieht es ihn an. Jeden Morgen im Lift, das Mädchen auf dem Weg zur Schule. Er auf dem Weg ins Büro. Jeden Morgen. Irgendeiner Arbeit gehe ich nach, denkt er. Einer sinnlosen, öden Arbeit. In der Hand trägt er eine Aktentasche. Während das Mädchen auf den Knopf drückt, auf dem Erdgeschoß steht, betrachtet es seine Aktentasche. Der Mann betrachtet die Schultsche des Mädchens. Der Lift fährt abwärts. Auf Wiedersehen, sagt das Mädchen, als es aussteigt. Auf Wiedersehen, sagt der Mann. Sie halten etwas Abstand, auf dem Weg zur Straße. Er will sich nicht unterhalten. Er weiß, daß das Mädchen Nina heißt. Nina ist ungefähr dreizehn. Oder zwölf. Oder vierzehn. Ist auch egal. Er denkt an ihren Blick. Im Lift. Nina weiß, daß er ihr Nachbar ist. Tür an Tür. Wand an Wand. Ob sie morgens auf ihn wartet? Ihr eigentümlicher Blick. Als wolle sie, daß er weiß, was sie denkt. Als wolle sie wissen, was er weiß. Was er hört. Er hört nichts. Außer Schreie, Weinen, Poltern, und dann das Schweigen. Das Schweigen zu hören, ist das Schlimmste. Doch eigentlich hört er nichts. Er ist noch nicht lange Ninas Nachbar...